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CSU versorgt Bürger mit Unwahrheiten

Leserbrief von Ilse Englmaier, erschienen in der Südostbayerischen Rundschau am 24.06.2021

Zum Bericht »Klimaschutz und Natur versöhnen« erschienen am 24. Juni 2021 in der Südostbayrischen Rundschau:

Der CSU-Ortsverband Fridolfing will die Öffentlichkeit umfassend über die Wasserkraftnutzung an der unteren Salzach informieren. Wenn dabei allerdings dieselben Argumente angeführt werden wie in der betreffenden Pressemitteilung, ist zu befürchten, dass die Öffentlichkeit vor allem mit „Fake News“ versorgt wird.

So würden angeblich durch das Wasserkraftwerk fast 19.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart. Verschwiegen wird dabei, dass dafür die Salzach das ganze Jahr über täglich Strom liefern müsste. Tatsächlich führt der Fluss hierfür nur von April bis September genügend Wasser (abzüglich der vielen Tage, an denen wegen Hochwasser keine Stromproduktion möglich ist). Allerdings herrscht in der warmen Jahreszeit kein Bedarf an zusätzlichem »Wasserkraftstrom«, da nicht geheizt werden muss und eine vollständige Versorgung der heimischen Bevölkerung mit »Solarstrom« besteht. Hinzu kommt, dass wegen der immer schneller fortschreitenden Gletscherschmelze die Salzach immer weniger Wasser führen wird, so dass wohl in ein paar Jahrzehnten ohnehin keine Wasserkraftnutzung mehr möglich sein wird.

Würde der CSU-Verband sich aufrichtig für CO2-Einsparungen einsetzen, wäre er z. B. längst für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 130 km/h würde gemäß dem Umweltbundesamt eine Einsparung von 1,9 Millionen(!) Tonnen CO2 pro Jahr bringen – und zwar sofort und ohne Investitionskosten!
Auch dass es sich um eine heimische Energieproduktion handeln würde, stimmt so nicht, da mit dem österreichischen VERBUND ein ausländischer Energiekonzern den Strom an der Salzach produzieren und dann nach Bayern verkaufen würde.

Unwahr ist auch, dass die Salzach trotz Wasserkraftnutzung ein »Fließgewässer ohne Staucharakter« bliebe. Bei der geplanten Fallhöhe von gut drei Metern ergibt sich nachweislich ein Rückstau von ca. drei Kilometern oberhalb des Wasserkraftwerks. Die sich dadurch bildende Verschlammung in diesem Stauabschnitt würde insbesondere die Lebensraumbedingungen für Fische erheblich verschlechtern.

Ebenso unwahr ist, dass es geeignete Fischabstiegsmöglichkeiten gibt. Wie sogar Prof. Dr. Aufleger, der Planer des betreffenden Wasserkraftwerks, bei einem kürzlich stattgefundenen Gespräch mir und anderen gegenüber einräumen musste, gibt es nach wie vor keine zufriedenstellende Lösung, die verhindert, dass die Fische in den Turbinen gehäckselt werden.

Ich bin gespannt, wie der CSU-Ortsverband den Landwirten die Tatsache nahebringen wird, dass durch die Wasserkraftnutzung etliche Hektar landwirtschaftliche Fläche durch höhere Überflutungshäufigkeit und veränderte Grundwasserverhältnisse nicht mehr vernünftig bewirtschaftet werden können Bei der ursprünglichen Planung von drei Wasserkraftwerken wurde eine beeinträchtigte Ackerfläche von ca. 340 ha berechnet.

Während der CSU-Ortsverband Burghausen sich klar gegen den Bau von Wasserkraftwerken ausspricht und sich hierzu sogar an Ministerpräsident Markus Söder wandte, tut der CSU-OV Fridolfing zusammen mit dem SPD-Bürgermeister Hans Schild so, als ob die Energiewende in Bayern vor allem vom Bau des Wasserkraftwerks in der Salzach abhinge. Diese Sichtweise kommentierte der Burghausener Bürgermeister Florian Schneider bei einem Pressegespräch vor zwei Wochen sehr treffend wie folgt: »Die Bedeutung des Wasserkraftwerks in der Salzach für die Energiewende in Bayern ist ungefähr so, als ob man zur Ertüchtigung des bayerischen öffentlichen Nahverkehrs einer Gemeinde ein Fahrrad schenken würde.« Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Ilse Englmaier
1. Vorsitzende des Ortsverbandes des BUND Naturschutz Tittmoning-Fridolfing

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