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Rede von Beate Rutkowski bei der Salzachkundgebung 2021

Beate Rutkowski, stellvertretende Landesvorsitzende des BUND Naturschutz in Bayern e. V.

Sehr geehrter Herr BGM Schneider,
liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
liebe Freundinnen und Freunde der Salzach, der freifließenden Salzach,

nach einem Jahr Pause haben wir uns heute hier wieder versammelt. Aber es hat sich etwas getan: Wir wollen heute den Einstieg in die Salzach-Renaturierung im Tittmoninger Becken feiern und uns zum anderen weiterhin vehement gegen den Bau eines oder mehrerer Kraftwerke aussprechen, auch wenn sie inzwischen von Teilen der CSU und von Teilen des Fridolfinger Gemeinderates als Heilsbringer für den Natur- und Klimaschutz verkauft werden. Das ist definitiv falsch!
Wir haben es inzwischen Schwarz auf Weiß:

100% EE und das Erreichen des 1,5°C-Ziels auch in Bayern sind möglich! Und das ganz ohne Wasserkraft-Ausbau!

Nach einer vom BN in Auftrag gegebenen Studie der ZAE und der TUM ist beides möglich. Dabei wurde in der Studie angenommen, dass die Stromerzeugung durch Wasserkraft auf den heutigen Stand begrenzt ist und keine weiteren Kraftwerke gebaut werden, so wie es auch im Koalitionsvertrag steht.
Es ist beides möglich, aber beim Klimaschutz geht es nicht nur um CO2-Einsparung, sondern auch um eine Halbierung der Verbräuche! Die Wasserkraftbefürworter an der Salzach haben dazu noch kein Konzept vorgelegt!

Wir wissen, dass gestaute Flüsse mehr Treibhausgase emittieren als frei fließende Flüsse. Dass Auen, die in dynamischer Verbindung mit ihren Flüssen stehen und nicht durch Leitbauwerke abgetrennt sind, mehr Kohlenstoff im Boden speichern, mehr Schadstoffe aus dem Wasser filtern und die Wasserqualität besser ist als in gestauten Flüssen – gerade in Zeiten des Klimawandels, wo Trockenzeiten mit Niedrigwasser und wärmerem Wasser immer häufiger und länger werden, ist es umso wichtiger, dass Flüsse und ihre Auen dynamisch = lebendig sein dürfen und andere Belastungen so gering wie möglich sind. Das erhöht die Widerstandsfähigkeit der Gewässerorganismen auf den zusätzlichen Stressfaktor Klimawandel. 

Fluss-Renaturierung ist also Klimaschutz, neue Wasserkraftwerke sind es nicht! Auch ein sogenanntes Fließkraftwerk, das so noch nie gebaut wurde und zu dem es keine belastbaren Daten und keine Erfahrungen gibt, benötigt eine Querverbauung und erzeugt einen Aufstau.

Das Thema unserer Zeit kann nicht mehr die Diskussion sein, ob man noch neue Wasserkraftwerke dazu baut, sondern muss die Diskussion über den Rückbau der vielen Querbauwerke in ganz Bayern und die entsprechende Renaturierung sein.

Das hat auch die erfolgreiche gemeinsame Dam-Removal-Tagung in Weilheim im Mai 2021 gezeigt mit Kanuverband, WWF, LFV und anderen mit über 400 Teilnehmenden aus über 55 Nationen. Im sogenannten Weilheimer Appell forderten WWF, BN, LFV, BKV ein klares Bekenntnis gegen neue (Klein)wasserkraftanlagen – auch an bisher energetisch nicht genutzten Querbauwerken. Denn sie spielen für das Gelingen der Energiewende in Bayern keine Rolle. Auch an der Salzach wäre eine Stromerzeugung im Winter kaum möglich. Weiter fordern wir in diesem Appell, naturnahe Reverenzflüsse zur Schaffung natürlicher Fließgewässer ohne Querbauwerke und einem natürlichen Fischbestand zu schaffen. Hier bietet sich die Salzach als ein auf über 60 km Länge freifließender Voralpenfluss an, unsere Salzach stellt in Bayern einen einzigartigen und unwiederbringlichen Schatz dar.

Die Unterstützer der freifließenden Salzach werden immer mehr. Wir bedanken uns bei Landrat Erwin Schneider und BGM Florian Schneider, und bei allen Landtagsabgeordneten (Martin Huber und Florian von Brunn, Gisela Sengl), dass sie sich gegen WKW und für den Natur- und Klimaschutz an der Salzach ausgesprochen haben.

Wir danken auch dem WWA TS und dem Umweltministerium, dass sie im Tittmoninger Becken mit den No-Regret-Maßnahmen zur Sanierung begonnen haben, die wir sehr unterstützen, auch aktiv, denn Ilse Englmaier (BN-Ortsvorsitzende Tittmoning-Fridolfing) unterstützt dabei die ökologische Baubegleitung mit ihrem biologischen Fachwissen. No Regret heißt übersetzt nicht zu bereuen, besser kann man es nicht nennen. Auf 4km bekommt die Salzach mehr Raum, auf österreichischer Seite sind die Arbeiten schon ein ganzes Stück weiter.

Eine Aufweitung auf 200 Meter Breite, die Herausnahme der Uferverbauung und die Schaffung neuer Lebensräume im Fluss und im Auwald, das muss das Ziel für die gesamte Salzach werden. Es ist nun wirklich die Zeit reif, sich endlich für den Naturfluss Salzach zu entscheiden, auch um die Forderung der EU-WRRL, die Salzach in den sogenannten „Guten Zustand“ zu bringen endlich umzusetzen.

Die eigentlich für Ende letzten Jahres vorgesehene Entscheidung, ob Kraftwerk oder nicht wurde nun auf Ende dieses Jahres verschoben. Da sich die Salzach im Tittmoninger Becken langsamer eingräbt als berechnet und der Geschiebetransport der Salzach weit besser ist als erhofft, ist es nach Aussagen des WWA Traunstein gar nicht mehr sicher, dass eine Sohlrampe wirklich notwendig ist. Das haben wir den Renaturierungsmaßnahmen im Freilassinger Becken und den Uferaufweitungen auf der österreichischen Seite zu verdanken!

Eine naturnahe Sanierung mit aufgeweiteten Ufern, dynamischen Kiesbänken und einer Vielfalt an Auebiotopen bereichert nicht nur die Natur, sondern auch das Landschaftsbild und schafft Highlights für die Menschen vor Ort und für den naturverträglichen Tourismus. Das kommt den Kommunen und der gesamten Bevölkerung zugute.

Liebe Freundinnen und Freunde: Das Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist ganz analog auch auf den Naturschutz zu übertragen: Es geht um die verfassungsrechtlich verankerte Freiheit, dass auch die kommenden Generationen noch oder auch wieder die Sicherheit haben müssen, freie Flüsse mit ihrem Fischreichtum und naturnahe Auwälder erleben zu können. Um dies zu fordern, sind wir heute versammelt und ich freue mich darum ganz besonders, dass auch unsere Jugend mit dabei ist!

Ein herzliches Dankeschön an alle beteiligten Verbände und an alle Unterstützer für Ihr Engagement, an die Medien für die Berichterstattung und unseren Musikern, denn Natur und Kultur gehören zusammen. Danke auch Ihnen allen, dass Sie heute gekommen sind! Gemeinsam schaffen wir es!

 

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