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Auen – grüne Lebensadern

Auen sind Mitteleuropas artenreichste Lebensräume, ein Treffpunkt der Artenvielfalt. Wo der Fluss bei Hochwasser über seine Ufer tritt und das Grundwasser ansteigen lässt, wo Wasser und Land eins werden, dort ist die Aue. Sie wird vom Fluss gestaltet und ist dadurch enorm reich an unterschiedlichsten Lebensräumen: trockene Sand- und Kiesinseln, feuchte Auwiesen, Auwälder, nasse Tümpel, alte Flussarme und Altwasser.

Die Gewässervielfalt in der Aue ist einmalig. Sie vernetzt Fluss und Aue. 7% der Fläche Bayerns sind Auen, hier kommen rund 2/3 aller heimischen Lebensgemeinschaften vor. Entsprechend artenreich ist die Aue: fast alle Amphibien-Arten, ein Großteil der Mollusken (Schnecken und Muscheln), mehr als 70% aller Libellen- und 60% aller Brutvogelartenhaben in Auen ihren primären Lebensraum. Für Fische sind Aue-Gewässer unersetzliche Kinderstuben. Das Aue-Netz ist zentrale Leitlinie und Wanderachse für Vögel, Fledermäuse Biber und Fischotter. Auen sind ein Schatzkästchen der Natur, ein »hot spot« der Biodiversität, Lebensadern und das Rückgrat des Artenschutzes und Biotopverbundes.

Von nass bis extrem trocken, von dauernd überflutet bis zum hochwasserfreien Geländerücken, vom Rohboden bis zum Wald: In der Aue entscheidet die Höhe der Wasserstandsschwankungen, die Geländehöhe, das Kleinrelief und die Bodenart über das kleinräumige Mosaik verschiedener Feuchtestufen, Lebensräume und Arten. Ihre Zusammensetzung ist für jeden Flussabschnitt charakteristisch.

Ein Dschungel – wild und schön

Die Aue ist an großen Flüssen mehrere Kilometer breit. Bei Hochwasser zeigt sich die ganze Breite. Fluss und Aue werden eins, alte Flussarme zu reißenden Strömen. Nass und trocken – Extreme auf engstem Raum. Wo das Wasser lange hoch steht, ist die Silberweide (Weichholzaue) konkurrenzlos. Sie kann bis zu 300 Tage im Wasser stehen. Nach Hochwasser keimt sie mit anderen Pionierarten auf dem trocken fallenden Rohboden. Hochwasser verjüngt die Aue. Hartholzauwälder sind die struktur- und baumartenreichsten Wälder Mitteleuropas: knorrige Eichen, mächtige alte Ulmen und Eschen, darunter Traubenkirschen. Alte Bäume und Totholz bieten Spechten und Fledermäusen Höhlen. Lianen verweben Sträucher zu einer undurchdringlichen Wildnis. Der Auwald ist Heimat von Wilder Weinrebe und Hopfen, somit Ursprung von Wein und Bierwürze! Besonders beeindruckend und weltweit einmalig ist der Reichtum der Hartholzaue an Frühjahrsblühern: Der Märzenbecher eröffnet den bunten Blütenreigen, der Blaustern verwandelt die Auen in ein blaues Blütenmeer.

Vielfalt vom Fluss gestaltet, dynamisch und immer im Wandel

Die faszinierende Vielfalt der Auen entwickelt sich nur, wenn sich die Wasserstände (Hydrodynamik) und die Standorte (Morphodynamik) der Aue mit dem Fluss ständig verändern. Das einzig Beständige ist der vom Fluss bestimmte Wandel: der »Herzschlag der Aue«. Die Arten der Aue sind an diese extremen Wechsel angepasst und brauchen sie, um nicht von aueuntypischen Arten verdrängt zu werden. Für dieses ständige Vergehen und Neu-Entstehen brauchen Auen und ihre Bewohner genügend Raum und einen frei fließenden Fluss.

Bei Hochwasser durchflutet der Fluss die Aue, das Grundwasser steigt. Bei Niedrigwasser fällt die Aue wieder trocken: Die Aue »atmet«. Solche »Wechselwasserstandorte« kommen nur in Auen mit intakter Flussdynamik vor. Besonders die zahlreichen Gewässer und Flutrinnen mit ihren Rohböden, Flutrasen, Röhrichten, Silberweidenauen und natürlichen Auenwiesen der großen Ströme sind davon geprägt. Pionierarten oder junge Silberweiden sind Kinder des Hochwassers. Das Blaukehlchen findet hier ideale Nahrungsräume.

In den Auen der Alpenflüsse lagert das Hochwasser sehr viel »Geschiebe«, d.h. Gestein aus den Alpen ab. Sie werden von zahlreichen Flussarmen ständig umgelagert und haben breite Kiesflächen mit kiesigen Pionierstandorten, orchideenreichen Magerrasen (Heiden, »Brennen«), Grauerlen Auwäldern und lichten Kiefernwäldern. Arten wie die Blauflügelige Ödlandschrecke brauchen diese natürlichen Offenflächen. Nur wenn der Fluss bei Hochwasser immer wieder neues Geschiebe umlagert, bleibt die ganze Vielfalt von der lückig bis zur dicht bewachsenen Kiesbank mit ihren jeweils spezialisierten Bewohnern erhalten.

Breitwasser statt Hochwasser

Auenschutz ist der billigste und natürlichste Hochwasserschutz.

Siedlungen und Gewerbegebiete, die in Auen gebaut wurden, sind Fehlplanungen und durch Hochwasser besonders gefährdet. Breitet sich Hochwasser dagegen in breiten unbebauten Auen natürlich aus, gibt es weniger Schäden. Die Hochwasserwelle wird niedriger und langsamer: Breitwasser statt Hochwasser. Neue Auen tun Not. Werden Deiche vom Fluss entfernt und Fließgewässer befreit, ist das effektiver Hochwasserschutz, der an den Ursachen der Hochwasserprobleme ansetzt. Technisch gesteuerter Rückhalt von Extremhochwasser (»Stau-Polder«) bekämpft dagegen nur lokal die Symptome und birgt Probleme der Fehl-Steuerung und Schädigung der Polderfläche. Höhere Deiche erhöhen die Hochwassergefahr für die Unterlieger und bieten eine trügerische Sicherheit, denn: jeder Deich kann brechen. Der monetäre Wert des Auwaldes allein für den Hochwasserschutz wird auf bis zu 20.000 €/ha geschätzt (Bayerische Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft)
Der Erhalt und die Rückgewinnung von Auen hat hohen Zusatzwert für Hochwasser-, Grundwasser- und Klimaschutz. Er »rechnet sich« – mehr als technischer Hochwasserschutz! Zur Reaktivierung von Auen muss Allgemeinwohl vor Einzelinteressen gehen: Auen- und Hochwasserschutz brauchen Fläche. Nur so können staatliche Ziele für den Auenschutz endlich umgesetzt werden.

Vorgaben für den Auenschutz

Auenprogramm Bayern, Biodiversitätsstrategie Bayern, europäisches Netzwerk Natura 2000, Wasserrahmenrichtlinie, natürlicher Rückhalt im Hochwasserschutzprogramm Bayerns.